Payment for Orderflow in der Kritik. FlatexDEGIRO nur 3% Umsatzanteil

Das Geschäftsmodell „Payment for Orderflow“ steht bei den Finanzaufsichtsbehörden rund um den Globus in der Kritik.

Im Juli hatte die europäische Finanzaufsicht ESMA eine Stellungnahme veröffentlicht, in dem sie in der gängigen Praxis „Payment for Orderflow“ einen Interessenskonflikt zu Lasten der Kunden sieht.

Worum geht es bei „Payment for Orderflow“?

So gut wie sämtliche Online-Broker erhalten von einigen ihrer Handelsplätze Rückvergütungen für die durchgeleiteten Orders. Die Handelsplätze haben ein Interesse an dem Orderflow, weil sie am Handel über den Spread verdienen. Auch das elektronische Handelssystem Xetra verdient am Spread, fakturiert aber zusätzlich noch Abrechnungsgebühren.

Wegen der Kostenvorteile könnte dies konkret bedeuten, dass ein Broker eine Order bevorzugt an einem elektronischen Handelsplatz oder sogar außerbörslich ausführt, anstatt die Order z.B. auf Xetra oder den Parkettbörsen auszuführen.

Zu diesem Zweck ist es Praxis, dass die Broker diese Handelsplätze günstiger bepreisen und teilweise auch bevorzugt in der Ordermaske darstellen. Ganz auf die Spitze getrieben haben es dabei die Neo-Broker, die gar keine klassischen Handelsplätze wie Xetra oder die Parkettbörsen mehr anbieten, sondern ausschließlich Handelsplätze, mit denen sie eine entsprechende „Payment for Orderflow“-Vereinbarung haben.

Nun hat die flatexDeGIRO AG eine Pressemitteilung veröffentlicht, nach der flatexDEGIRO nur 3% seines Umsatzes mit diesen Rückvergütungen erzielt. Diese Meldung soll sehr wahrscheinlich die Anleger in der börsennotierten flatexDEGIRO-Aktie beruhigen, die Verluste hinnehmen mussten, nachdem jüngst ein Bericht zu der Problematik auf Bloomberg.com erschienen war.

Der Umsatzanteil aus diesen Geschäften dürfte bei den Neo-Brokern wie Trade Republic, Scalable Broker und justTRADE aber sehr viel höher liegen. Wahrscheinlich bei mehr als 75%.

Für den Anleger ist die Diskussion eigentlich eine Scheindiskussion. Von dem Geschäftsmodell „Payment for Orderflow“ profitieren Anleger bisher stark durch niedrigere Ordergebühren. Eine Ausführung auf Xetra oder den Parkettbörsen kostet bspw. bei der comdirect mind. 12,40€ (9,90€ + 2,50€). Eine Ausführung an Quotrix, LS Exchange oder Tradegate bei justTRADE dagegen 0,00€.

Ein Nachteil für den Anleger würde dann entstehen, wenn die Kursqualität an den angebotenen Handelsplätzen schlechter wäre. In Deutschland gilt das Referenzmarktprinzip. Danach muss die Kurstellung an allen Handelsplätzen immer so gut sein, wie am Referenzmarkt. Für die meisten in Deutschland gehandelten Aktien und ETF ist dieser Referenzmarkt das elektronische Handelssystem der Deutschen Börse Xetra. In einer Erhebung durch „Stiftung Warentest“ im März 2020 konnten tatsächlich auch keine Abweichungen bei den im Rahmen der Stichprobe analysierten Kursstellungen festgestellt werden. Die Handelsplätze haben auch gar kein Interesse an einer schlechteren Kursstellung, sie verdienen ihr Geld am Spread, also am Unterschied zwischen geld- und Briefkurs.

Insofern gibt es aus Kundensicht eigentlich keine Nachteile. Trotzdem beurteilt die ESMA die Lage durchaus kritischer und sieht einen Interessenskonflikt.

Wie wird es weitergehen ?

Der Druck auf die Finanzaufsichten der Länder ist durch die ESMA-Äußerungen vorhanden. Die Diskussion ist im Gange und es steht zu erwarten, dass die BaFin hier reagieren wird. Ob das im Sinne der Branche und insbesondere der Anleger ist, wird sich zeigen.

Wie seht Ihr die Thematik? Freue mich über Eure Kommentare …

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Autor:Thomas

hat früher bei einem Online-Broker gearbeitet. Berichtet hier über Neukundenaktionen, Vor- und Nachteile bestimmter Broker, Konditionsmodelle und Trading-SetUps.mein Depotvergleich der Top-Broker

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